November Ausgabe: HATTENhat. im Gespräch mit Monika Tegtmeier
- HATTENhat. Redaktion
- 30. Nov.
- 4 Min. Lesezeit


Seit dem Start unserer Plattform HATTENhat. gehört Monika Tegtmeier zur Kategorie „Besondere Menschen, inspirierende Geschichten!“.
Monika Tegtmeier, die in Sandkrug lebt, hat 1985 Geschichte geschrieben: Sie war die erste Berufsfeuerwehrfrau Deutschlands.

Bild: Monika Tegtmeier
Doch Monika Tegtmeier ist weit mehr als „die erste Frau“ in einem Männerberuf. Sie ist Ehefrau, Mutter von zwei Töchtern, Ingenieurin, Unternehmerin und vor allem eine Frau, die nie aufgehört hat, für ihre Überzeugungen einzustehen. Mit ihrem Projekt Waldfitness kommodig bringt sie bis heute Menschen in Hatten in Bewegung – nicht nur körperlich, sondern auch im Herzen.
In diesem Gespräch mit HATTENhat. erzählt sie von den Herausforderungen und Erfolgen ihres Weges, von familiärem Rückhalt, von besonderen Einsätzen und von der Freude daran, Menschen in ihrer Gemeinde zusammenzubringen.
Sehen wir mal, was Monika uns anvertraut:

HATTENhat. : Monika, du warst nicht nur die erste Berufsfeuerwehrfrau Deutschlands, sondern bist auch Ehefrau und Mutter von zwei Töchtern. Viele Frauen stehen täglich vor der Herausforderung, Beruf und Familie in Einklang zu bringen – wie hast du deinen persönlichen Weg gefunden, um Arbeit und Familie zu vereinbaren, und welche Werte und Stärke wolltest du deinen Kindern mitgeben?
M.T.: Tatsächlich habe ich nach der Geburt meiner ersten Tochter mein Beamtentum bei der
Feuerwehr Remscheid gekündigt. Die Schichtdienste von 24 Stunden waren damals mit
der Erziehung eines Kindes nicht vereinbar. Als Beamtin hätte ich mich Beurlauben lassen
können, aber in der Kommunalebene wird die Stelle dann nicht besetzt und es wäre ein
Einsatzleiter im Abwehrenden Brandschutz zu wenig in der Feuerwehr gewesen.
So habe ich mich Selbstständig gemacht und Brandschutzkonzepte zu Hause geschrieben. Dies ließ sich wunderbar mit der Betreuung des Kindes und dann auch mit zwei Kindern,
vereinbaren.
HATTENhat. : Es gibt das Sprichwort: „Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau.“ – In deinem Leben scheint es eher zu heißen: „Neben einer starken Frau steht eine starke Familie.“ Wie hat dein Mann dich unterstützt, und welche Rolle spielte die Familie in deinem Werdegang?

Bild: Monika Tegtmeier
M.T.: Schon während meiner Feuerwehrzeit hat mein Mann Hergen mich immer mental
unterstützt und meine Einsätze gelobt. Allein durch aufmerksames Zuhören – auch wenn
schwierige Einsätze öfter wiederholt wurden – ist es wichtig, dass man erzählen kann.
Die Gutachten sind auch durch die aktive Korrektur von Hergen gegangen.
Meinen Kindern wollte ich ein positives Beispiel sein, dass man den fachlichen beruflichen
Werdegang weitergehen kann. Sie haben mich immer unterstützt, indem sie sich gut
beschäftigen konnten und nicht angeleitet werden mussten.

Bild: Monika Tegtmeier

Bild: Monika Tegtmeier
HATTENhat. : Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass ich 1995 als eine von drei jungen Studentinnen des Studiengangs Industrial Engineering an der Universität manchmal weniger Punkte erhielt als meine männlichen Kommilitonen, obwohl wir genau die gleichen Arbeiten abgegeben hatten. Irgendwann habe ich sogar meinen Namen durch meine Matrikelnummer ersetzt, damit ich fair bewertet wurde. Ich könnte eine lange Liste von Situationen aufstellen, bei denen ich als Ingenieurin mit Machismus in einem ausschließlich Männern vorbehaltenen Bereich konfrontiert war. Hast du als erste professionelle Feuerwehrfrau ähnliche Erfahrungen mit Vorurteilen gemacht? Wie bist du damals damit umgegangen?

Bild: Monika Tegtmeier
M.T..:
Im Grundegenommen habe ich mich behauptet, indem ich besser war als die Männer.
Im Detail ist es bei der Feuerwehr aber so, dass man sich im Einsatz beweisen muss. Meine
ersten Einsätze hatte ich als Angriffstruppmann und habe schwierige Situationen bravourös
gelöst. Dies wurde hinter vorgehaltener Hand weitererzählt. Auch als spätere Einsatzleiterin
muss man sich das Vertrauen der Männer erarbeiten. Dies gilt jedoch auch für Männer,
denn der Einsatzleiter schickt die Trupps ins Feuer. Daher muss das Gebäude, der Weg
dorthin und der Verlauf des Feuers kalkuliert werden. Es geht schließlich auch um das
Leben der Feuerwehrleute.
Vorurteilen bin ich auch in der Landesfeuerwehrschule Münster begegnet. Ein „fast“ lustiges
Ereignis war die Gruppenführerprüfung in der Mündlichen. Ich stand bisher zwischen den
Noten 1 und 2. Der Leiter der Prüfungskommission prophezeite mir, dass ich keine 1
bekommen würde, wenn ich keinen Schlips trage. Ich trug ihn nicht und erhielt eine 2. Dies
tat meiner Zukunft keinen Abbruch.
In einem Großeinsatz bei einer Überflutung wollte ich von einem großen Unternehmen in
Remscheid die Abwasserpläne einsehen, um nicht „im Kreis“ zu pumpen und der sagte:
„von DER lasst ihr euch was sagen…“. Aber meine Männer vertrauten mir 😊
Vor allen Dingen habe ich mich der Männerwelt angepasst und war fachlich besser. Ich hoffe
so sehr, dass die Frauen heute Frauen seien dürfen, um anerkannt zu werden.
HATTENhat. : Wenn du an deine Anfangszeit zurückdenkst: Gab es einen Moment, in dem du dachtest: „Jetzt habe ich mir den Respekt endgültig erarbeitet“?
M.T.: Mein erster Einsatz als Angriffstruppmann hat mir durch meinen energischen Einsatz
Respekt bei den Männern verschafft. Auch als Einsatzleiterin in der Funktion einer
Zugführerin konnte ich mir durch sehr gute Führung den Respekt sofort erarbeiten.
HATTENhat. : Du musstest als Pionierin in einem Männerberuf doppelt so viel Kraft aufbringen, um dich zu beweisen. Wie hat sich diese Erfahrung auf dein Selbstbild, aber auch auf die Erziehung deiner Töchter ausgewirkt?
M.T.: In der Form, dass eine gute allgemeine Bildung in allem hilft.
Wir haben unseren Kindern starke Wurzel mitgegeben, damit sie fliegen können.
Damit haben wir sie zur Selbstständigkeit erzogen. Mit dem Ergebnis, dass sie sehr jung
eigene verantwortliche Entscheidungen übernommen haben.
HATTENhat. : Bei einem großen Einsatz, wie z. B. dem Flugzeugabsturz in Remscheid, musstest du tagelang Verantwortung übernehmen. Gibt es eine persönliche Anekdote aus einem Einsatz, die dir bis heute in Erinnerung geblieben ist – vielleicht sogar als Familiengeschichte?
M.T.: Der Einsatz war körperlich und psychisch sehr belastend mit 6 Toten, zahlreichen Verletzten und es brannten zwei Straßenzüge. Insgesamt hatte das Flugzeug 1500 Schuß Munition an Bord, die immer wieder unerwartet explodierten.
Das amerikanische Militär hatte damals behauptet, es wäre Übungsmunition. Tatsächlich wurde viel später erst festgestellt, das es keine Übungsmunition war, sondern uranhaltige scharfe Munition.
HATTENhat. : Heute sind weniger als 2 % der Berufsfeuerwehrleute in Deutschland Frauen. Was denkst du, liegt es nur an Vorurteilen oder auch an strukturellen Hindernissen wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf?

Bild: OSO Media
M.T.: Ich glaube, dass die Sichtbarkeit der Frauen in der Feuerwehr nicht vorhanden ist und
somit kein Vorbild vorhanden ist, um sich bei der Feuerwehr zu bewerben.
Ich glaube, vor der körperlichen Belastung haben interessierte Frauen schon Respekt.
HATTENhat. : Du bist Ingenieurin und Expertin für Brandschutz. Kannst du uns ein Beispiel nennen, bei dem dir deine technischen Fähigkeiten und dein Wissen dabei geholfen haben, Lösungen für schwierige Situationen im Alltag zu finden?
M.T.: Sehr häufig. Für meine Brandschutzkonzepte habe ich die Schutzziele nicht nur durch bauliche Maßnahmen erreicht, sondern auch durch Innovation aus der Feuerwehrerfahrung heraus. Wie z.B. Einsatz einer örtlichen Krankenhausfeuerwehr oder
Löschunterstützungsfahrzeuge für Werkfeuerwehr oder Tanklöschfahrzeuge, um die Säulen des Brandschutzes zu stärken.
HATTENhat. : Mit „Waldfitness kommodig” schaffst du wöchentlich einen Raum für Bewegung, Austausch und Lebensfreude in Sandkrug. Was hat dich dazu motiviert, dieses Projekt zu starten?Welche Hindernisse oder Herausforderungen musstest du dabei überwinden? Was bedeutet dir dieses Projekt persönlich und was berührt dich besonders an den Menschen, die regelmäßig teilnehmen?

Bild: Monika Tegtmeier
M.T.: Ich wollte ein Projekt schaffen, wo sich Menschen, ohne durch eine Tür gehen zu müssen und ohne bezahlen zu müssen, sich als kommunikative Plattform treffen können. Gleichzeitig sollte es auch um Mobilität, Stärkung des Immunsystems und Sturzprävention gehen.
Ein weiterer Aspekt ist der Spaß und die anschließende Kommunikation bei einem
"Käffchen".
Zur Zeit nehmen in unserem schönen Waldpark mehr als 60 Personen dieses Angebot dankend an.

Bild: Privat
HATTENhat. : Und wenn heute junge Frauen an dich herantreten und sagen: „Ich möchte Feuerwehrfrau werden” – welchen Rat würdest du ihnen von Herzen mitgeben?

Bild: Monika Tegtmeier
M.T.: Mach es einfach und teste dich, ob es das Richtige für dich ist.
Sei mutig, aber nicht übermütig.
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Zum Abschluss möchten wir uns herzlich bei Monika Tegtmeier bedanken – für ihre Zeit, ihre Offenheit und dafür, dass sie uns mit ihrer Geschichte so viele Einblicke gewährt hat.
Als Frau und Ingenieurin empfinde ich persönlich große Bewunderung für ihren Mut, ihren Pioniergeist und ihre Entschlossenheit, Hindernisse zu überwinden und ihren eigenen Weg zu gehen. Sie ist ein echtes Vorbild für viele Frauen und zeigt, dass Hatten voller „Persönlichkeiten und Gemeinschafts-Helden” ist, die mit ihrem Engagement unsere Gemeinde reicher machen.
„Der Mut ist wie ein Muskel. Man stärkt ihn durch Gebrauch.“
Ruth Gordon
Bleiben Sie dran, für weitere inspirierende Gespräche, regelmässig am letzten Sonntag des Monats, in unserer Reihe HATTENhat. im Gespräch.
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📸 Bilder: OSO Media















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