September Ausgabe. HATTENhat. im Gespräch mit Erich Darilek - Bäckerei Strangmann
- HATTENhat. Redaktion
- 28. Sept.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 4 Tagen


„Der Duft von frischem Gebäck begleitet unser Gespräch mit Erich Darilek.“
Seit neun Jahren lebe ich in Sandkrug – und für mich gehört ein Besuch bei der Bäckerei Strangmann am Mühlenweg längst zum Alltag. Schon von weitem steigt der Duft von frischem Gebäck in die Nase. Drinnen warten keine Automaten und kein Massenbetrieb, sondern handgemachte Leckereien, die mit Herz und Hingabe entstehen: knusprige Croissants (die Blonden 😉), das beliebte Camping-Brötchen oder das gigantische Rosinenbrötchen– meine persönlichen Favoriten, die man einfach probiert haben muss.

In Zeiten, in denen große Ketten mit dutzenden Filialen den Markt prägen, wirkt die Bäckerei Strangmann fast wie ein Stück gelebte Vergangenheit. Doch gerade darin liegt ihr Zauber. Hier stehen keine -innen hinter der Theke, sondern der Bäcker, ein Mensch, der einige seiner Kundinnen und Kunden bereits seit Jahrzehnten kennt, mit Namen begrüßt, ihre Vorlieben kennt und ihnen ihre Wünsche bereits von den Augen ablesen kann.
Das Herz dieser Bäckerei schlägt in der Person von Erich Darilek. Er schafft es, gleichzeitig mit diversen Brötchen jonglierend, sie einzutüten, alles zu addieren und mit einem Lächeln seine Kunden persönlich zu verabschieden.
Doch Achtung! Was wäre ein charismatischer Bäcker ohne Ilka, sein bessere Hälfte und “Chefin”, die den Teig vorbereitet und knetet, sich Dinge wie „Impf-Berliner” während der Pandemie und fantasievolle Torten ausdenkt und eine “coole Socke” namens Merle, die, wenn Not am Mann ist, als dritte und vierte Hand beim Jonglieren hilft.
Diese Ausgabe von HATTENhat. im Gespräch ist eine Einladung, hinter die Kulissen zu schauen: Wie hält man als Einzelkämpfer gegen Filial-Giganten stand? Was bedeutet Handwerk heute – und morgen? Und was bleibt, wenn der Ofen abends ausgeht? Vielleicht das, was Erich in seinem WhatsApp-Info Profil schreibt:
„Nicht, was du in deinen Händen hältst, das, was du in deinem Herzen trägst,
ist das, was bleibt.“
Sehen wir mal, was er uns anvertraut:

HATTENhat.: Erich, wenn man früh morgens am Mühlenweg vorbeigeht, riecht man sofort das frische Brot und Gebäck. Kannst du uns ein bisschen erzählen, wie dein/euer Tag beginnt – und was dieser Duft für dich selbst bedeutet?
E.D.: Mein Tag beginnt in der Regel sehr früh: meist schon um 0:30 Uhr; im Betrieb bin ich ab 2:30 Uhr. Feierabend ist gegen 18:00 Uhr. Bei uns läuft vieles etwas anders. Unsere Bäckerei hat ihren Produktionsstandort in Dötlingen-Neerstedt – dort stellt Ilka die Backwaren her. Gebacken wird überwiegend in Sandkrug, nur Kuchen entstehen direkt vor Ort in Neerstedt. So können wir stets frische Ware anbieten, und genau das riecht man, wenn man am Geschäft vorbeifährt. Der Vorteil: Nur eine Person muss nachts arbeiten – und das bin ich.
HATTENhat.: Viele halten dich für den alleinigen „Chef“ in der Bäckerei – aber wie du selbst sagst, stimmt das nicht so ganz. Deine Frau Ilka ist genauso Chefin, verantwortlich für die Produktion und die „mega coolen Backwaren“, wie du es beschreibst. Was ist dein Geheimnis, damit ihr beide als Team funktioniert – beruflich wie privat? Und welchen Rat würdest du anderen geben, die Arbeit und Familie so eng miteinander verbinden?
E.D.: Die alleinige Inhaberin ist Ilka, ich selbst bin in einem Angestelltenverhältnis tätig. Das haben wir bewusst aus betrieblichen Gründen so geregelt. Niemand weiß, was die Zukunft bringt – so bleibt die Firma klar zugeordnet und der private Bereich ebenfalls. Selbstständigkeit ist mit vielen Herausforderungen verbunden, und das Familienleben leidet darunter oft. Auch wenn man zusammenarbeitet, sieht man sich manchmal erst spät am Abend – und das bei einer Sieben-Tage-Woche. Ob wir diesen Schritt heute noch einmal gehen würden, ist schwer zu sagen. Der Beruf selbst erfüllt uns, aber die Selbstständigkeit ist oft sehr belastend.
HATTENhat.: Du kennst viele deiner Kundinnen und Kunden seit Jahrzehnten. Was bedeutet dir dieser persönliche Kontakt – das Grüßen beim Namen, das Wissen, wer welches Brot am liebsten mag?
E.D.: Seit 28 Jahren sind wir nun in Sandkrug – eine lange Zeit. Ich kenne fast alle Kundinnen und Kunden persönlich, viele sogar seit ihrer Kindheit. Diese enge Bindung ist etwas ganz Besonderes. Genau deshalb weiß ich oft schon, was jemand kaufen möchte, bevor er es ausspricht – das macht den Verkauf schneller und persönlicher.
HATTENhat.: 25 Jahre lang stand dir „Oma Helga“ zur Seite, eine Frau mit 70 Jahren Berufserfahrung, immer freundlich, immer humorvoll und schneller im Kopfrechnen als jeder Taschenrechner. Ihr Abschied 2023 war ein bewegender Moment – nicht nur für die Bäckerei, sondern für viele im Dorf. Welche Erinnerungen an die gemeinsame Zeit sind für dich besonders kostbar – und was fehlt dir heute am meisten, seitdem sie nicht mehr mit in der Backstube steht? Und darf ich fragen: Wie geht es ihr heute, nachdem sie sich aus der Bäckerei zurückgezogen hat?
E.D.: „Oma Helga“ war über Jahrzehnte das Gesicht von Sandkrug, jeder kannte sie. Mit ihr ist ein Stück Geschichte zu Ende gegangen. Sie war sehr dominant, was die Zusammenarbeit nicht immer einfach machte. Heute lebt sie zufrieden in einem Seniorenheim und genießt ihr Leben.

Gleichzeitig konnten wir mit Merle eine wunderbare Ergänzung finden. Trotz ihres Hauptjobs unterstützt sie uns so oft wie möglich, bringt frischen Wind ins Team und macht ihre Arbeit großartig.

Merle. Bild: Erich Darilek
HATTENhat.: In Sandkrug haben sich inzwischen große Bäckerei-Ketten niedergelassen. Was geht dir durch den Kopf, wenn du siehst, wie sich das Bäckerhandwerk verändert?
E.D.: Früher habe ich zu den großen Bäckereien aufgeschaut und wollte selbst einmal so groß werden. Heute würde ich das nie wieder wollen. Man sagte immer: „Die Großen fressen die Kleinen.“ Inzwischen ist es eher so, dass die Großen von noch Größeren geschluckt werden – und uns kleine Betriebe gibt es trotzdem noch. Unser Vorteil: Wir unterscheiden uns bewusst, sind individueller, näher an den Menschen und können Entscheidungen sofort treffen.
HATTENhat.: Große Bäckerei-Ketten setzen heute auf stylische Cafés, perfekte Beleuchtung und Social-Media-Auftritte. Da sieht oft alles aus wie aus dem Bilderbuch. Bei dir dagegen zählt das Handwerk, nicht die Show. Wie erlebst du diesen Unterschied – und wie siehst du die Zukunft kleiner Betriebe wie deinem in einer Welt, die immer mehr auf „äußerlichen Glanz“ setzt?
E.D.: Große Bäckereien beeindrucken mit modernen, schicken Einrichtungen – von innen wie von außen. Aber dieser Effekt hält nicht lange. Was wirklich zählt, sind die Produkte. Wir punkten mit handwerklich hergestellten Backwaren und mit Menschen, die voll dahinterstehen: Ilka, Merle und ich.
HATTENhat.: Viele in Sandkrug erinnern sich an deine „Impf-Berliner“ während der Pandemie – eine süße Idee, die sofort für ein Schmunzeln sorgte. Wie bist du mit Ilka damals auf diese kreative Aktion gekommen?
E.D.: Die Idee dazu kam eigentlich von einem Kunden. Er fragte, womit die Berliner „gefüllt oder geimpft“ seien – das ließ mich nicht mehr los. Also haben wir Spritzen besorgt und verschiedene Füllungen ausprobiert. So entstand der „geimpfte Berliner“. Natürlich gab es Kritiker („Plastik im Berliner!“), aber viele fanden die Idee klasse – sogar Radio ffn berichtete darüber.

HATTENhat.: Wenn man dich beobachtet, wirkt es so, als ob deine Bäckerei viel mehr ist als nur ein Geschäft. Was bedeutet dir dieser kleine Ort – und was wünschst du dir, dass er für die Menschen in Sandkrug ist?
E.D.: Obwohl wir in Sandhatten wohnen, ist Sandkrug für mich ein Stück Heimat geworden. Hier verbringe ich die meiste Zeit. Ich liebe unser kleines Geschäft und die Menschen, die uns besuchen – auch dann, wenn es nur für einen kurzen Schnack ist.
HATTENhat.: Man sagt ja: "In der Bäckerei wohnen und trotzdem schlank bleiben" – das ist wie der Spruch "Der Schuster trägt die schlechtesten Schuhe". Du umgibst dich täglich mit Croissants, Brötchen und Berlinern – und trotzdem bist du schlank und fit. Liegt das an eiserner Selbstdisziplin, an viel Bewegung – oder einfach an einem schnellen Stoffwechsel? Und verrätst du uns vielleicht auch, welche Hobbys oder kleinen Leidenschaften dir neben dem Backen wichtig sind?
E.D.: Die Versuchung, jeden Tag von Leckereien umgeben zu sein, ist groß. Für mich ist Sport daher ein tägliches Muss – mein wichtigster Ausgleich. Auch wenn ich müde bin, gehe ich joggen oder ins Fitnessstudio. Wenn es die Zeit erlaubt, gehe ich angeln, im Winter fahre ich Ski und im Sommer tauche ich – soweit es die Finanzen zulassen.
HATTENhat.: Zum Schluss eine persönliche Frage: Auf deinem WhatsApp-Info Profil steht der Satz „Nicht, was du in deinen Händen hältst, das, was du in deinem Herzen trägst, ist das, was bleibt. “ Was bedeutet dieser Satz für dich – und wie spiegelt er deine Arbeit als Bäcker wider?
E.D.: In meinem WhatsApp-Status steht ein Spruch, den ich auch geschäftlich ernst meine:
Für mich zählen keine materiellen Dinge – jeder Mensch wird gleich behandelt. Was ich im Herzen trage, ist innere Zufriedenheit. Wer diese für sich gefunden hat, kann sie auch weitergeben: an Freunde, Bekannte, Familie und Kunden. Oft reicht schon ein freundliches Lächeln oder ein einfaches „Hi“.
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Vielleicht ist das die eigentliche Botschaft dieses Gesprächs: Backen ist nicht nur Arbeit – es ist ein Stück gelebte Tradition. Und genau das spürt man, wenn man die Bäckerei Strangmann betritt.
In Zeiten, in denen vieles schnelllebig und austauschbar wirkt, tut es gut zu wissen: Hier in Sandkrug gibt es einen Ort, an dem Backen noch Handwerk ist – und persönliche Begegnung zählt.
Ein herzliches Dankeschön an Erich, Ilka und Merle für den Blick hinter die Kulissen. Solange bei euch der Teig geht, der Duft von frischem Brot durch Sandkrug zieht und euer Ofen noch warm ist, wird auch unser Dorf ein kleines bisschen mehr unser Zuhause.
Folge Erich und seiner Bäckerei auf ...
Bleiben Sie dran, für weitere inspirierende Gespräche, regelmässig am letzten Sonntag des Monats, in unserer Reihe HATTENhat. im Gespräch.
HATTENhat.
Weil wir Hatten leben !
Von Hatten für Hatten
📸 Bilder: 1-8 OSO Media
📸 Bilder: 9-13 Erich Darilek



































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